„Buen Camino!“

120 km von San Sebastian nach Bilbao

Schon nach wenigen Kilometern auf dem Camino del Norte im Baskenland, wiegte mein Rucksack zu schwer auf meinem Rücken und ich überlegte, was ich wohl unnötig eingepackt habe. Als Pilgeranfängerin informierte ich mich gut im Internet und schaute mir einige Packlistentutorials an. Nach der ersten Etappe leerte ich die Shampoo- und Duschmittelfläschchen auf die Hälfte aus und liess auch den Mückenspray zurück. Was ist wirklich wichtig und was brauche ich nicht, das war eine Hauptfrage auf dem Camino.

Mit jeder Etappe ging es jedoch leichter. Ich kam in den Flow und trotz teilweiser Hitze, langen Etappen von ca. 20 km mit vielen Höhenmetern, machte es mir grossen Spass. Die Einsamkeit und Stille der Natur, wunderschöne Ausblicke aufs Meer und viele interessante Begegnungen mit anderen Pilgern aus aller Welt gaben mir Energie weiterzulaufen und den Camino zu geniessen.

„Buen Camino!“ wurde uns Pilgern zugerufen als Gruss in einer Bar bei einem Cafe con leche oder von einer Radrennfahrergruppe, die gerade den Hügel herunterdüste. Das steigerte die Motivation weiterzulaufen, denn man fühlte sich willkommen. Einige Einheimische, die am Pilgerweg wohnen, boten uns Kaffee, selbstgebackenen Kuchen oder kleine Sandwiches auf Spendenbasis an und luden auf eine kurze Pause ein. Das war auch immer eine schöne Gelegenheit andere Pilger kennenzulernen, oder jemanden wieder zu treffen, mit dem man gestern schon einige Kilometer gewandert ist.

Für die Pilgerherbergen konnte ich mich nicht begeistern. Zu viele Menschen in einem Schlafraum gemischt, hätte meinen Schlaf sowieso geraubt. Auf den besonderen Geschmack und das Geschnarche hatte ich auch keine Lust. Ich gönnte mir einfache Pensionen, die aber leider meistens nur noch mit einem per Whats up gesendeten Code zugänglich waren. Ich stelle fest, dass die Digitalisierung auch das Reisen sehr verändert. Nur noch ein Code und ein Instagrammreel zur Erklärung anstatt eine Rezeption mit Personal, das stimmte mich nachdenklich.

Das lange Gehen war wie eine Art Meditation. Ich kam an meine physischen Grenzen, aber gleichzeitig wurden die inneren, psychischen Grenzen weiter. Ab und zu habe ich für wenige Kilometer den Bus genommen, wenn der Weg zu lang an der befahrenen Strasse entlang führte. Ich musste nichts tun, ausser frei sein, auf meinen Körper und seine Bedürfnisse hören und einfach immer dem gelben Pfeil folgen.

Pilgern macht glücklich!

Viele Wege führen nach Santiago oder Rom, aber nur einer zu dir selbst- dein eigener Camino.


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Kommentare

Eine Antwort zu „„Buen Camino!““

  1. Avatar von BEAT HURNI
    BEAT HURNI

    Wie viele Menschen sind noch bereit ohne Netz und doppelten Boden sich auf ein Abenteuer einzulassen? Wenn wir etwas nicht tun was wir gerne tun würden, dann werden wir ein Leben lang davon träumen. Wenn wir es tun auch.
    🪶

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